Dieser Artikel enthält einen ersten Erfahrungsbericht zu der vor kurzem von Google veröffentlichten kostenlosen AI Entwicklungsumgebung namens Antigravity.
Grundsätzlich probiere ich gerne neue Technologien aus und im Bereich AI gab es in letzter Zeit einiges an interessanten Tools oder auch Ankündigungen. Gerade bei AI muss man dazu sagen, dass vieles aus meiner Sicht eher Spielerei ist und nur auf den ersten Blick in wirklichen Arbeitserleichtungen resultiert. Nicht so im Falle von KI Agenten zur Programmierung. Bereits Microsoft Copilot in Visual Studio kann sehr gut beim Programmieren Hilfestellung leisten und somit die Arbeit erleichtern.
Google geht mit der vor kurzem veröffentlichten AI Entwicklungsumgebung Antigravity noch einen Schritt weiter. Der Entwickler soll quasi nur noch den oder die KI Agenten anleiten, wobei diese dann aus den gegebenen Informationen zunächst einen Entwicklungsplan erstellen und für diesen dann selbständig die Programmierung übernehmen. Als Basis für die IDE dient offensichtlich im Hintergrund Visual Studio Code, was man an der ein oder anderen Stelle noch sieht. Letztendlich aber auch ein Vorteil für alle, die diese IDE bereits nutzen und kennen.
Da ich bereits seit längerem mit dem Gedanken spielte, von Windows auf Linux umzusteigen, allerdings meine eigene in C# programmierte Finanzsoftware bisher nur auf Windows läuft, hatte ich einen optimalen Beispielfall für den Einsatz von Antigravity: Das Tool sollte mein C# Programm möglichst selbständig von C# in Java übersetzen, sodass es auch unter Linux genutzt werden kann.
Gesagt, getan – nach dem Download öffnete ich in Antigravity das Visual Studio Projektverzeichnis meines C# Programmes und fragte ganz naiv den AI Agenten, ob er mir das C# Projekt in Java übersetzen kann. Man kann hierbei im Tool zwischen verschiedenen AI Engines auswählen, wobei Gemini 3 Pro, Claude Sonnet und GPT-OSS 120B zur Verfügung steht – jeweils mit einer gewissen Quota, die jedoch durchaus großzügig für die kostenlose Nutzung ausgelegt ist.
Tatsächlich geneierte die KI nach der Untersuchung des C# Codes selbständig einen Projektplan und schlug vor, erstmal mit dem Interface und der Datenbank-Schnittstelle loszulegen. Die KI schlug hierbei selbständig vor JavaFX für das User Interface zu nutzen, da dies sehr ähnlich zu WPF, der im C# Projekt genutzten UI Beschreibungssprache, ist.
Die ersten Schritte gingen recht schnell von Statten und tatsächlich sahen die Resultate ziemlich gut aus. Schrittweise wurde der Implementierungsplan, der auch als Taskliste vom KI Agenten bereitgestellt wurde, abgearbeitet, wobei die KI auch immer eine Zusammenfassung der umgesetzten Tasks lieferte.
Der von der KI generierte Code funktionierte nicht immer auf Anhieb. In vielen Fällen gab es auch Fehlermeldungen, die aber nach Rückfrage und selbst durch die KI ausgewerteten Compiler-Ausgaben korrigiert werden konnten. Was etwas seltsam war, ist die Tatsache, dass ich den Eindruck hatte, dass je größer und komplexer der Code wurde – insbesondere in größeren Files, wie der MainViewController.java Klasse – mehr Fehler bei der KI auftraten. Es gab sogar komplett unverständliche Fehler, dass die KI ein Code File durch Bearbeitung selbst zerstörte und daraufhin den Nutzer bat, es wieder in die Originalform zurückzusetzen. In einem Fall bat die KI sogar darum, die generierten Methoden selbst einzufügen, da sie offensichtlich nicht in der Lage war und es immer wieder zu Fehlern kam. Ich weiß nicht, ob das vielleicht auch mit dem Antigravity Editor selbst zu tun hat, der auch beim manuellen Editieren des Codes manchmal recht eigensinnig war (z.B. kein Copy & Paste mehr ausführen wollte).
Letztendlich bleibt noch anzumerken, dass der AI Agent auch selbständig im Web nach Informationen, Code Libraries und Anleitungen sucht. Im Falle meines Finanztools fand er auch selbständig die HBCI4Java Bibliothek und band sie per Maven in das Projekt ein. Allerdings scheiterte er bei der korrekten Implementierung des Kontoabrufs – vielleicht auch, weil die Dokumentation aus meiner Sicht hier relativ schlecht ist.
Nach nur ein paar Abenden mit Antigravity und einigen manuellen Eingriffen und teilweisen Anpassungen bzw. Implementierungen von Features war es jedenfalls geschafft: Mein MoneyMonitor Programm war in JavaFx übersetzt und funktioniert tatsächlich vollständig unter Linux, Windows, MacOS.
Als Fazit kann ich sagen, dass KI im Rahmen der Anwendungsentwicklung wirklich sehr hilfreich sein kann und die Produktivität hier definitiv durch KI gesteigert wird. Ich hätte allein sehr viel länger benötigt – zumal ich bisher keinerlei eigene Erfahrung mit JavaFX hatte. Bisher wird die KI jedoch den Entwickler zumindest bei komplexeren Aufgaben noch nicht ersetzen können. Dazu macht sie noch zu viele Fehler oder scheitert an bestimmten Aufgaben.